Hofporträt | Der Völkleswaldhof

Der Völkleswaldhof liegt idyllisch im Schwäbischen Wald bei Oberrot. Der biologisch-dynamisch wirtschaftende Milchviehbetrieb, auf dem der BMV mit seinen Kooperationspartnern Slow Food Deutschland und Geschmackstage e.V. auch schon eine Vorzugsmilch-Querverkostungs durchgeführt hat, hat in 2016 viel mediale Beachtung erfahren. Noch ein Grund, diesen kleinen feinen Ausnahmebetrieb von Anja und Pius Frey auch in unserer Reihe Hofporträts vorzustellen! 

Anja, der Hof, den ihr bewirtschaftet, liegt im Schwäbisch-fränkischen Wald. Ein schönes Fleckchen Erde. Wie seid ihr hier gelandet?
Wir haben den Hof gepachtet, am 1. Mai 2017 werden es 30 Jahre sein. Der Pächterfamilie und den Verpächtern ist es damals und jetzt sehr wichtig gewesen, auf dem alten Hof demeter-Landwirtschaft anzusiedeln.

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Wie groß ist eure Herde?
Aktuell haben wir 50 Milchkühe, 55 weibliche Rinderzuchttiere und einen Zuchtbullen.

Welches ist der jüngste Zugang in der Herde? Wer ist die älteste Dame im Stall? Und wie viel Milch geben eure Kühe so im Schnitt?
Unsere Damen liegen im Schnitt bei entspannten 17 l pro Kuh / Tag. Die älteste ist Cecilie mit 13 Jahren, und Mitte Dezember bereicherte Natice unsere Herde, sie ist also momentan die Jüngste.

Ihr seid Direktvermarkter. Heißt das, ihr verarbeitet die komplette Menge selber?
Unsere Milch vermarkten wir etwa zur Hälfte als Vorzugsmilch direkt an Privatverbraucher und Läden sowie Händler und zur anderen Hälfte geht sie an die Molkerei Schrozberg. Dazu haben wir auch tatkräftige und verlässliche Mitarbeiter und Auszubildende auf dem Hof.

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Der Völkleswaldhof ist ein Demeter-Betrieb – was bedeutet das für euch persönlich?
Uns ist es persönlich sehr wichtig nach biologisch-dynamischen Richtlinien zu wirtschaften. Wir arbeiten sehr gern in und mit der Natur. Der Einsatz von Demeter-Präparaten im Pflanzenbau bedeutet uns sehr viel.
Die biologisch-dynamischen Kompostpräparate sind Naturmittel, die das Wachstum und die Qualität der Pflanzen fördern. Es handelt sich hier um Präparate aus Schafgarbe, Kamille, Brennnessel, Eichenrinde, Löwenzahn und Baldrian. Diese werden in organischen oder auch vegetabilen Hüllen mindestens ein halbes Jahr im Boden vergraben und so präpariert. Die Biodynamischen Kompostpräparate werden in kleinsten Mengen in den Dünger oder Kompost eingebracht.

voelkleswaldhof_weide_kueheVon hier aus entfalten sie Ihre Wirkung auf den gesamten Komposthaufen. Die Umsetzungsvorgänge in den organischen Düngern werden durch die Präparate angeregt. Die stärkere Belebung der Böden durch präparierten Dünger wird an einigen Merkmalen messbar, z.B. Erhöhung des Humusgehaltes oder Enzymaktivitäten sowie intensiveres Wurzelwachstum. Beispiele für eine bessere Produktqualität durch die Präparate sind geringere Lagerungsverluste, reduzierte Nitratgehalte sowie höhere Zucker- und Vitamingehalte. Das Wirkungsprinzip der Präparate besteht in der Anregung harmonisierender Lebensprozesse. Eine unmittelbare Nährstoffwirkung durch die Präparate liegt nicht vor. Die Präparate dienen somit der Selbstregulation biologischer Systeme.

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Und was bedeutet das z.B. in Bezug auf eure Herde, besonders in Punkto Haltung und Aufzucht?
Wir versuchen allen Tieren ein so gut wie möglichst artgerechtes und wesensgerechtes Leben zu ermöglichen. Wir arbeiten bewusst mit muttergebundener Kälberaufzucht (s. hierzu einen weiterführenden Artikel im Slow Food Magazin über muttergebundene Kälberaufzucht, in dem u.a. der befreundete Demeter-Betrieb Hofgut Rengoldshausen zu Wort kommt), behalten die weiblichen und die männlichen Kälber, die Herde hat regelmäßig Weidegang, auch im Winter, und sie behalten ihre Hörner. Die männlichen Kälber wachsen, nachdem sie nicht mehr bei der Mutter trinken, auf dem 15 Kilometer entfernten Riegenhof auf kräuterreichen Weiden auf. Ihr aromatisches Fleisch ist dann später im Lädle, dem Hofladen des Riegenhofes, erhältlich.

Der Völkleswaldhof ist einer der wenigen Vorzugsmilch-Betriebe in Deutschland. Als „Vorzugsmilch“ darf eure Milch also „roh“, also gänzlich naturbelassen, in den Handel. Habt ihr von Beginn an Vorzugsmilch hergestellt?
Nein, zu Anfang ging die Milch komplett an die Schrozberger Molkerei. Wir sind aus Überzeugung ein Vorzugsmilchbetrieb geworden. Unsere naturbelassene Milch ist ein einzigartiges, unverfälschtes Produkt. Dazu kam: Die Nachfrage nach Vorzugsmilch war und ist in unserem Einzugsgebiet sehr groß. Auch das hat uns ermutigt, diesen Schritt zu gehen.

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Ihr lebt und denkt ganzheitlich, eure Familie und die Kinder bedeuten euch viel. Wieviel bedeutet euren Kindern die Landwirtschaft und hat vielleicht die eine oder der andere schon erste Ambitionen?
Unsere Kinder sind zum Teil schon erwachsen, aber auch die Kleinen gibt es noch mit 5 und 9 Jahren. Alle lieben diesen Ort, die Natur, die Tiere, die Landschaft und schätzen das soziale Umfeld. Zu unserer Freude beobachten wir bei einigen erste Ambitionen, weiterzumachen.

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Welchen Weg, welche Zukunft seht ihr für die regionale Landwirtschaft, wie schätzt ihr die Überlebensfähigkeit von handwerklichen Nischen ein in einer Zeit, die immer stärker auf Industrialisierung und globalen Handel ausgerichtet scheint?
Die regionale Landwirtschaft und Vermarktung ist ein sehr wichtiger Bestandteil der kleineren und mittleren Betriebe und sollte dringend weiter gefördert und für die Betrieb leichter umsetzbar werden.

Die Ganzheitlichkeit hört aber bei Ackerböden, Herdenhaltung und natürlicher Lebensmittelerzeugung nicht auf, oder?
Ja, wir sind ein Ausbildungsbetrieb, die Weitergabe des Wissens um handwerkliche Lebensmittelerzeugung und ganzheitliche Milchviehhaltung ist uns ein wichtiges Anliegen. Je früher wir ein Gespür für die natürlichen Zusammenhänge entwickeln, umso besser für unsere gesamte persönliche Entwicklung. So ist unser Bauernhof auch Lernort und wir führen zudem mit Schülern das Projekt „Ich kann kochen“ durch.
Auch Menschen, die sich in der Natur entspannen und erholen wollen, sind uns willkommen. Im Dachgeschoss unseres Bauernhaus haben wir eine Ferienwohnung für 4-6 Personen. Auch der Umgang mit den wechselnden Gästen macht uns viel Freude und bereichert unser Leben.

Anja, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast. Ich wünsche euch weiterhin viel Erfolg und Glück, Gesundheit und Freude.

Hier geht es zur Website vom VÖLKLESWALDHOF. Wer ihn besuchen möchte: Er liegt sehr hübsch zwischen Heilbronn, Schwäbisch Hall und Stuttgart, schaut für die Anfahrt gern mal auf die Karte.

Der Völkleswaldhof im Fernsehen
ZDF- 37° über Völkleswaldhof „Biohof statt Agrarfabrik“

SWR „Lecker aufs Land“ auf dem Völkleswaldhof

Neuer Name für Direktvermarkter: aus BVDM wird BMV

Der Bundesverband der Vorzugsmilcherzeuger und Direktvermarkter von Milch und Milchprodukten (BVDM) heißt jetzt ganz offiziell: BMV = Bundesverband der Milchdirektvermarkter und Vorzugsmilcherzeuger. Kürzer geworden ist der neue Name des Verbandes, der sich für die Belange direktvermarktender Milchbauern in Deutschland und den Erhalt naturbelassener Lebensmittel wie der Vorzugsmilch einsetzt, nur ein wenig. Die Umbenennung trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die Vorzugsmilchbetriebe heute gegenüber den anderen Mitgliederbetrieben in der Unterzahl sind. Einst in Bremen als reiner Vorzugsmilchverband gegründet, kamen später zunehmend pasteurisierende Direktvermarkter hinzu. Heute sind noch insgesamt 13 Vorzugsmilchbetriebe Mitglied im BMV – Eine Übersicht findet sich auf der Seite der Erzeugerbetriebe. Eine gesicherte Anzahl der insgesamt noch aktiven Vorzugsmilchbetriebe gibt es nicht. Da wir diese Frage immer wieder gestellt bekommen, an dieser Stelle ein Aufruf: Wir freuen uns über jeden Hinweis auf Betriebe, über uns eventuell noch nicht bekannte Vorzugsmilcherzeuger. 

Auch optisch hat sich einiges getan. Und die bundesweit aktive Interessenvertretung erscheint seit dem Sommer in völlig neuem Look. Der Relaunch der BMV-Website wurde von der Designerei Berlin – Manufaktur für Gestaltung durchgeführt. Unterstützt wurde der Verband hierin von Kirsten Kohlhaw, commotivation, die als freie Kommunikationsberaterin auch die Öffentlichkeitsarbeit des Verbandes begleitet. „Wir sind sehr froh über den neuen Außenauftritt“, so Antje Hassenpflug, BMV-Geschäftsführerin, „und erhalten zu unserer Freude seit dem Relaunch auch viel positive Rückmeldung.“ Auch die erste Vorsitzende, Claudia Müller vom Weidenhof im hessischen Wächtersbach und ihr Stellvertreter Bert Riecken von Rieckens Eichhof in Schleswig-Holstein bedanken sich bei allen Beteiligten für das Engagement. „Auch wenn es immer schwerer wird, sich zu behaupten, die Milchdirektvermarktung lebt und wir geben der regionalen Landwirtschaft und seinen Akteuren ein Gesicht.“, so Müller.

 

 

Die Milch macht den Kaffee, nicht nur das Schäumchen

Großes Erstaunen unter den 20 Teilnehmern der Querverkostung auf dem Milchhof Reitbrook. Ein und dieselbe Kaffeebohne schmeckt mit verschiedenen Trinkmilcharten tatsächlich völlig unterschiedlich! Unter der Überschrift „Schwarz und Weiß – Milch ist mehr als nur das Schäumchen auf dem Cappuccino“ traten auf Einladung von Slow Food und dem BMV 5 Milchen gegeneinander an. Die Arrabica Espresso-Bohne hatte Klaus Lange mitgebracht, selbst geröstet, frisch aus dem Caféhaus in Hamburg.

Jan-Hendrik Langeloh begrüßte die Gäste und begann den Nachmittag mit einer Hofführung, in der er die Arbeitsweise des direktvermarktenden Vorzugsmilchbetriebs erläuterte. Die Langelohs fahren seit Beginn an eine besondere Strategie: Ca. 50% der gewonnenen Milch verarbeiten sie direkt in der eigenen Hofmolkerei, beliefern gut 1.000 Haushalte und Gastronomen in der Metropolregion Hamburgs, die andere Hälfte liefern sie an eine Molkerei. Das sei schon von Beginn an so gewesen, erklärte Jan-Hendriks Vater Gerd Langeloh, der mit seiner Frau Ingrid die Vorbereitung und Durchführung der Veranstaltung ebenfalls tatkräftig unterstützte.

Milchhof Reitbrook, Hofführung in der Dämmerung
Milchhof Reitbrook, Hofführung in der Dämmerung
Jan-Hendrik Langeloh erzählt den Anwesenden über modernes Herdenmanagement auf einem vergleichsweise großen Vorzugsmilchbetrieb
Jan-Hendrik Langeloh erzählt den Anwesenden über modernes Herdenmanagement auf einem vergleichsweise großen Vorzugsmilchbetrieb

Nach der Hofführung begrüßte Slow Food-Vorsitzende Dr. Ursula Hudson noch einmal alle Anwesenden und führte aus Sicht der engagierten Verbraucherorganisation in das Thema Milchvielfalt ein. Einmal mehr lud sie zum bewussten Hinschmecken ein und machte sich stark für echte Vielfalt und echte Frische. Seit dem Start der Slow Food Rohmilch-Initiative 2013 habe sie persönlich ebenfalls noch einmal so viel Neues, Faszinierendes über das Ur-Lebensmittel Milch gelernt und so viel Erschreckendes darüber, was ihm im Zuge der industriellen Weiterverarbeitung angetan werde.

Die Pseudo-Vielfalt der geradezu einschüchternden Regalmeter von Trinkmilchvarianten in Discounter Supermärkten sei ein optisch starkes Beispiel für dieses Phänomen, merkwürdige Wortschöpfungen und zweifelhafte Packungsdesigns, die natürliche Frische, glückliche Tiere und Landwirte suggerieren an Stellen, an denen tatsächlich jegliche Transparenz fehle, seien weitere Warnsignale für den fortschreitenden Grad an Entfremdung und Verwirrung in Bezug auf die Herkunft und Qualität unserer Nahrung.

Die anschließende Verkostung und Diskussion über das gemeinsame Geschmackserleben nahm den Hauptteil der Veranstaltung ein, der auch Mitglieder des Hamburger Slow Food Conviviums unter der Leitung von Sebastian Wenzel gefolgt waren. Die Moderation übernahm Kirsten Kohlhaw, die als freie Journalistin Wissenswertes zum Thema Milch und Sensorik beizutragen hatte und als Befürworterin naturbelassener Lebensmittel auch den Bundesverband der Milchdirektvermarkter und Vorzugsmilcherzeuger in seinem Bestreben unterstützt, die Vorzugsmilch vor ihrem Verschwinden zu bewahren.

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Probieren und sich austauschen. Hier berichtet Moderatorin Kirsten Kohlhaw gerade über das Herstellungsverfahren der Mikrofiltration bei ESL-Milch und das strenge Verbrauchsdatum bei echt frischer Milch, der gänzlich naturbelassenen Vorzugsmilch, das der Gesetzgeber auf 96 Stunden ab Melken festgelegt hat.

Beim ersten Paar „Im Café“ traten die pasteurisierte Landmilch vom Milchhof Reitbrook gegen eine fettreduzierte H-Milch an. Dies sei, bekräftigte Konditor und Kaffee-Fachmann Klaus Lange, die Standard-Milch in vielen Cafés, vor allem in Franchise-Ketten.  Schon hier waren für die Anwesenden deutliche Unterschiede auszumachen, erlebten die Anwesenden die Landmilch als deutlich strukturierter, komplexer und runder im Vergleich zur 1,5% H-Milch.

Das zweite Paar, das sich unter dem Titel „Echt frisch vs. länger haltbar“ aufmachte, die Geschmackspapillen der Verkostenden zu überraschen, fiel geschmacklich frappierend auseinander. Hier trat die Vorzugsmilch des Hamburger Milchhofs gegen eine ESL-Milch an. Wenn man bedenkt, dass die „Extended Shelf Life“-Milch auch unter der Prämisse designt wurde, geschmacklich näher an echt frische Trinkmilch ranzureichen, war das Urteil der Verkostung für die industriell verarbeitete Milch mit dem langen Regalleben vernichtend.

Das dritte Paar „Von der Kuh – aber anders“ hinterließ die Anwesenden ratlos bis ablehnend. Zu unterscheiden waren sie leicht voneinander, die 0,1% entrahmte Milch und die laktosefreie H-Milch. Die schöne Bohne, mit der die Milch im Cappuccino eine neue Verbindung eingehen sollte, haben sie laut Aussage der Runde beide ruiniert.

 

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Klaus Lange vom Caféhaus in Hamburg machte Kaffees am laufenden Band. Und berichtete nebenbei noch von seinen Erfahrungen im Umgang mit Milch und Kaffee.

Wie gut, dass das abschließende „Spitzenduo“ die Teilnehmenden wieder vollends versöhnte. Der Unterschied zwischen der Vorzugsmilch und der pasteurisierten Landmilch war schon deutlich zarter, doch entschied sich die Runde fast einheillig für die richtige Zuordnung der beiden Kandidaten. Nach so viel Kaffeegenuss wurden die Gespräche bei Butterkuchen, Hefezopf und herzhaftem Snack noch bis in den Abend fortgesetzt.

vlnr: Kirsten Kohlhaw (Moderation für den BMV); Jan-Hendrik Langeloh (Leitung Milchhof Reitbrook; Dr. Ursula Hudson (Vorsitzende Slow Food Deutschland), Andrea Lenkert-Hörrmann (Projektbeauftragte Slow Food Deutschland); Klaus Lange (Das Caféhaus Hamburg); Sebastian Wenzel (Slow Food Convivium Hamburg)
vlnr: Kirsten Kohlhaw (Moderation für den BMV); Jan-Hendrik Langeloh (Leitung Milchhof Reitbrook; Dr. Ursula Hudson (Vorsitzende Slow Food Deutschland), Andrea Lenkert-Hörrmann (Projektbeauftragte Slow Food Deutschland); Klaus Lange (Das Caféhaus Hamburg); Sebastian Wenzel (Slow Food Convivium Hamburg)

Fazit: Die spürbaren Auswirkungen, die die Milchqualität und Verarbeitungsstufen auf den Geschmack des jeweiligen Cappuccinos hatte, war für alle Anwesenden ein Aha-Erlebnis. Unser Dank gilt der ganzen Familie Langeloh sowie Klaus Lange für ihr Engagement, Slow Food Deutschland für seinen kontinuierlichen Einsatz für Verbrauchersouveränität und eine Sensibilisierung für gute, saubere und faire Lebensmittel, die Hirn und Magen anregen und den Besuchern für ihr Interesse.

Top Agrar-Seminar zur Direktvermarktung am 4.11.2016

„Wer seine Milch selbst veredeln und vermarkten will, schafft sich eine Einkommensalternative,aber auch einen neuen Aufgabenbereich.“ So beginnt ein Artikel in der Top Agrar 10/2016 zum Thema Direktvermarktung. Ergänzend dazu findet am Freitag, den 4. November findet dem Weidenhof in Wächtersbach ein Seminar zum Thema Direktvermarktung statt.

Milch direkt vermarkten – lohnt sich das?

Unter der Leitung von Referent und BMV-Mitglied Antonius Langehaneberg, treffen sich (angehende) Landwirte auf dem Weidenhof in Wächtersbach. Dieser wird von der Familie Müller betrieben, die hier in der eigenen Hofmolkerei neben Quark, Joghurt und pasteurisierter Landmilch auch Vorzugsmilch herstellen, einen eigenen Hofladen und ein Restaurant / Café bewirtschaften.

Hofmolkerei Direktvermarktung

Der Termin
Freitag, der 4. November 2016
Weidenhof, Weidenstraße 5-7, 63607 Wächtersbach
Beginn: 10:00 Uhr, ab 19:00 Uhr Ausklang mit Abendessen
Ihre Anfahrt über Google Maps

Das Top Agrar-Seminar: Die Themen
Wie plane ich eine Hofmolkerei und welche Produkte kommen für mich in Frage?
Wie lässt sich kostengünstig Milch direkt vermarkten?
Welche Verpackungslösung ist für meine Produkte die richtige?
Welche Anforderungen gibt es im Hygienebereich?

Das Top Agrar-Seminar: Die Referenten
Antonius Langehaneberg, Legden-Asbeck, Direktvermarkter seit 22 Jahren, Software-Entwickler und Controller
Follrich Baumann, Holdorf, Molkereimeister, Spezialist für Produktentwicklung und Hygiene sowie für Konzeption von Hofmolkereien
Hermann Grimmelmann, Schweringen, Direktvermarkter seit 28 Jahren, u.a. Spezialist für Verpackungslösungen.
Claudia Müller, Wächtersbach, vermarktet Vorzugsmilch, Spezialisiert auf Eutergesundheit und Hygiene.

Kosten
120 Euro inklusive Mittag- und Abendessen

Es sind noch wenige Restplätze zu vergeben. Kurzfristig Interessierte melden sich bitte bei info(at)acontus.de oder unter Tel: 02566/750, Fax: 02566/96381

Den ganzen Artikel in der Top Agrar 10/2016 (In der Rubrik MARKT unter dem Titel: Hofmolkerei: Höhere Milchpreise erzielen, Seiten 12-15) lesen Abonnenten nach dem Login online auf der Website der Fachzeitschrift.

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Das war die Stadt Land Food 2016 | Nachbericht

1000 Milchbärte und sicher ebenso viele Gespräche über Milch. Gespräche über die Besonderheiten dieses Ur-Lebensmittels und seine ernährungsphysiologischen wie geschmacklichen Unterschiede. Nachdenkliche Töne über Pseudo-Vielfalt des modernen Lebensmittelhandels und Wahlmöglichkeiten auf Verbraucherseite, über Rechte und Pflichten über Verantwortung und Überforderung, über Verbundenheit und Respekt.

Respekt? Diesen Eindruck haben wir gewonnen und danken allen Besuchern auch an dieser Stelle noch einmal für ihr Interesse. Das Publikum auf der Stadt Land Food begegnet uns aufgeweckt, sensibilisiert gegenüber den Arbeitsrealitäten der Hersteller. Interessiert an dem kleinen Anteil unter den Landwirten, die über Direktvermarktung eine betont regionale Wertschöpfung betreiben, in der sie die gesamte Kontrolle und auch die gesamte Verantwortung tragen für ihre Produkte. Direktvermarktung passt sehr gut zu einem Frischeprodukt wie naturbelassener Milch oder pasteurisierter Landmilch mit natürlichem Fettgehalt. Nur passen die immer schwieriger in die Anforderungen des modernen Handels ein.

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Die Besucher unserer kleinen MilchKostBar, die wir auf Einladung des Kuratorinnen-Teams Ursula Heinzelmann, besser bekannt als Heinzelcheese, Theresa Malec und Marla Kayacik in der Markthalle 9 zum Mittelpunkt aller Milchbärte machen konnten, waren neugierig. Sie haben uns gegenüber ihre Unsicherheiten und Fragen artikuliert, viele haben sich anlässlich dieser Veranstaltung erstmals bewusst mit den unterschiedlichen Verarbeitungsstufen vertraut gemacht.

Folgende Milchen wurden verkostet |
alle: Trinkmilch von der Kuh

Vorzugsmilch vom Milchhof Reitbrook im Hamburg (mind. 3,7 % Fettgehalt)
Das Besondere an der Vorzugsmilch: Sie darf als einzige Rohmilch naturbelassen abgefüllt und verkauft werden. Warum? Weil der Betrieb alle strengen Kriterien erfüllt, die an eine Zulassung geknüpft sind. Vorzugsmilch Mehr über die Vorzugsmilch erfahrt ihr hier.

Landmilch von der Gläsernen Molkerei (Milchpartner der Markthalle 9 und der Stadt Land Food): Diese Milch ist pasteurisiert, der Fettgehalt ist mit „mind. 3,8%“ ebenfalls natürlich. Die Milch rahmt bei längerem Stehen auf und sollte daher vor Verzehr geschüttelt werden.

ESL-Milch aus dem Supermarkt. ESL bedeutet „extrendes shelf life“, also „verlängertes Regalleben“. Mehr über die verschiedenen Verabreitungsstufen wärmebehandelter Milch findet sich in unserer „Warenkunde“. Diese Milch, deren Fettgehalt in der Molkerei auf 3,8% eingestellt wurde, ist durch das Verfahren der Mikrofiltration so designt, dass sie dem Geschmack einer echt frischen Frischmilch näher kommen soll als dem Geschmack einer H-Milch.

H-Milch vollfett – diese Milch ist hocherhitzt bei 135-150°C. Bei vollfetter H-Milch ist der Fettgehalt ist auf 3.5% eingestellt. Das H steht für haltbar und für homogenisiert. Nach der Haltbarmachung wird sie sofort in Aluminium beschichtete Kartons abgefüllt und luftdicht eingeschlossen. Einmal geöffnet, muss sie dennoch in den Kühlschrank und rasch verbraucht werden. Und wenn H-Milch schlecht wird, schmeckt sie eher muffig, nicht sauer.

Laktosefreie Milch (3,8%): Bei dem Herstellungsverfahren einer laktosefreien Milch (konzipiert für Menschen mit der Unfähigkeit, den Milchzucker zu verstoffwechseln) wird der Verdauungsvorgang industriell vorverlagert und Milchzucker mithilfe des Enzyms Laktase in die Einfachzucker Galaktose und Glukose aufgespalten. Dadurch schmeckt laktosefreie Milch im Vergleich zu herkömmlicher Frischmilch vergleichsweise süß. Im Rahmen dieser Verkostung haben wir uns für eine Variante entschieden, die laut Herstellerangaben weniger süß schmecken soll, als herkömmliche laktosefreie Milch. Ein Großteil des Milchzuckers wurde durch ein spezielles Verfahren rausgefiltert, wodurch weniger zum Aufspalten verbleibt. Ein interessantes Experiment, dennoch bleibt zu bemerken, dass eine solche Milch ca. 12-15 Bearbeitungsschritte hinter sich haben dürfte und somit in unserer Auswahl am weitesten entfernt ist von gänzlich naturbelassener Trinkmilch, der Vorzugsmilch.

Die Milchverkostung am Slow Food Stammtisch auf der Stadt Land Food 2016
Die Milchverkostung am Slow Food Stammtisch auf der Stadt Land Food 2016

Am Sonntag, den 2.10.2016 waren wir zu Gast beim Slow Food Stammtisch und haben dort in größerer Runde einer moderierten Querverkostung diskutiert. Neben geschmacklichen Unterschieden war ein Thema, das von Seiten der Teilnehmer wiederholt angesprochen wurde, dass sie auf Nachvollziehbarkeit und Transparenz großen Wert legen. Und sich den Mehraufwand für die kleinen Bauern auch gern was kosten lassen.

Fazit

Auch die zweite Stadt Land Food war ein tolles, intensives Erlebnis. Für uns uns unsere MilchKostBar und für die zahlreichen Gäste. Unsere Highlights waren neben den angeregten Gesprächen mit Bürgern und Verbrauchern mit Sicherheit die Gespräche mit jungen Landwirten, die erwägen in die Direktvermarktung einzusteigen und hoher politischer Besuch, der dem in seinem Fortbestand bedrohten Premiumprodukt Vorzugsmilch wieder neue Hoffnung macht. Unser herzlicher Dank geht an alle Organisatoren der Markthalle 9, an alle Freunde natürlicher, handwerklicher Lebensmittel und natürlich an die Landwirte.

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Markthalle 9-Voluntärin Fenja und BMV-Referentin Kirsten Kohlhaw an der MilchKostBar auf der StadtLandFood 2016.

Schwarz und Weiß – Wenn die Milch mehr ist als das Schäumchen auf dem Cappuccino!

Slow Food und der BMV laden ein zum Milch- und Kaffeeerleben auf dem Milchhof Reitbrook
Berlin | Hamburg, 18.10.2016

Milch ist nicht gleich Milch! Unter diesem Motto setzen sich Slow Food Deutschland und der Bundesverband der Milchdirektvermarkter und Vorzugsmilcherzeuger (BMV) für den Erhalt der Vielfalt und naturbelassener, hochwertiger Trinkmilch ein. Interessierte Verbraucher kommen mit den Herstellern handwerklich erzeugter Produkte zusammen verkosten Milch unterschiedlicher Herkunft und Verarbeitungsstufen.

Am Donnerstag, den 3.11.2016 ab 17 Uhr erlebt die Reihe der gemeinsamen Geschmackserlebnisse und Diskussionsveranstaltungen auf dem Vorzugsmilchbetrieb „Milchhof Reitbrook“ im Südosten Hamburgs einen neuen Höhepunkt: Im eigenen Kühlschrank steht meist nur eine Milch und ein Großteil der Erwachsenen erlebt Trinkmilch hauptsächlich im Zusammenhang mit Kaffee. Rund 150 Liter Kaffee konsumieren die Deutschen jährlich. Unzählige Kaffee Lattes und Cappuccinos werden täglich getrunken. Auf die Qualität und Herkunft der Bohnen legen echte Genießer hierbei großen Wert.

Doch wie wirkt es sich auf das Gesamt-Geschmackserleben aus, wenn man einen feinen Kaffee mit einer x-beliebigen H-Milch aufschäumt? Sollte, wer sich für guten Kaffee stark macht, nicht ebensolche Sorgfalt auf die Auswahl der begleitenden Milch legen? Aus Dr. Ursula Hudsons vielzitiertem Ausspruch: „Milch ist mehr als nur das Schäumchen auf dem Cappuccino“ ist nun eine eigene Veranstaltung geworden, in der genau dieser Frage intensiver nachgegangen wird.

Im Anschluss an die Besichtigung des Milchviehbetriebs verarbeitet der Hamburger Bio-Kaffeeröster Klaus Lange (Das Caféhaus) Vorzugsmilch und pasteurisierte Landmilch vom Milchhof Reitbrook. Und verarbeitet parallel weitere, industriell verarbeitete Trinkmilchen mit seinen handgerösteten Bio-Kaffeebohnen. Neben Qualitätsunterschieden und geschmacklichen Unterschieden erfahren die Gäste nebenbei mehr über die Unterschiede zwischen Rohmilch und Vorzugsmilch, ESL- und H-Milch, laktosefreie und fettarme Varianten sowie über Einflüsse von Haltung und Futter auf Eiweiß- und Fettqualitäten.

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Datum: Donnerstag, 3. November 2016
Uhrzeit: 17:00 bis 19:30 Uhr

Ort: Milchhof Reitbrook, Vorderdeich 275, 21037 Hamburg, www.milchhof-reitbrook.de
Anfahrt (über Google Maps).

Das Programm
16:30h Ankunft und Begrüßung
17:00h Hofrundgang mit Jan-Hendrik Langeloh (Milchhof Reitbrook)
18:00 – 19:30 Milchschäume und Kaffeeträume – Schwarz und Weiß in Variationen. Verkostung und Gesprächs
mit
Dr. Ursula Hudson, Vorstandsvorsitzende Slow Food Deutschland
Kirsten Kohlhaw, Referentin BMV, Moderation und sensorische Verkostung
Klaus Lange, Das Caféhaus (Bio-Kaffeeröster)
1. Im Café: H-Milch vs. Pasteurisierte Landmilch
2. Echt frisch vs. Länger haltbar: ESL-Milch vs. Vorzugsmilch
3. Von der Kuh, aber anders: Laktosefreie vs. fettarme Milch
4. Das Spitzenduo: Vorzugsmilch und Pasteurisierte Landmilch mit natürlichem Fettgehalt (beide Milchhof Reitbrook)

Reitbrook, Vorderdeich 275: Milchhof Reitbrook - Hof Langeloh - Kühe und Kuhstall - Schulbuch-Fotos mit Lisa Körner (4) - Einverständnis der Mutter für Veröffentlichung liegt voll.
Reitbrook, Vorderdeich 275:
Milchhof Reitbrook – Hof Langeloh.
Reitbrook, Vorderdeich 275: Milchhof Reitbrook - Hof Langeloh
Reitbrook, Vorderdeich 275:
Milchhof Reitbrook – Hof Langeloh

Zu dieser seltenen Gelegenheit, einmal genauer hinzuschmecken, laden wir alle Milch- und Kaffeefreunde herzlich ein.

Da der Platz begrenzt ist, bitten wir um Anmeldung bis zum 01.11.16 unter
projektbeauftragte@slowfood.de, Tel: 0151-153 081 86

Pressekontakt:
Kirsten Kohlhaw, 0170.5539730, presse@milch-und-mehr.de

Eine gemeinsame Veranstaltung von:
Slow Food Deutschland
Bundesverband der Milchdirektvermarkter und Vorzugsmilcherzeuger (BMV)

Partner:
Das Caféhaus Hamburg

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Hofporträt | Hofgut Rengoldshausen

Das Hofgut Rengoldshausen liegt bei Überlingen, am Bodensee. Das landwirtschaftliche Anwesen, dessen Herrenhaus im 13. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnt ist, wird seit 1932 nach biologisch-dynamischen-Standards bewirtschaftet. Die Familien der Pächtergemeinschaft und ein Großteil ihrer Mitarbeiter leben auch heute auf dem Hofgelände, das wie ein kleines, eigenes Dorf anmutet.

Insgesamt 75 Personen kümmern sich um Landwirtschaft und Vermarktung, um die Gärtnerei und den Samenbau. In der Zucht von Hühnern, die gleichermaßen für Fleisch und Eier gehalten werden, sind die Öko-Landwirte Pioniere, in der Direktvermarktung von Vorzugsmilch, wenn man so will, etablierte Exoten. Darüber hinaus gilt Mechthild Knösel, die für die Braunviehherde des Hofes verantwortlich ist, als Vorreiterin der muttergebundenen Kälberaufzucht.

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Ein Tag auf dem Hofgut Rengoldshausen

Es ist Mittag. Wir speisen an langen Tafeln, es gibt Hähne aus eigener Zucht, dazu Reis und Gemüse. Gefuttert wird mit gutem Appetit, an der frischen Luft, in Gemeinschaft schmeckt es auch mir doppelt gut. Während ich ein Hühnerbein zerteile und genüsslich mit den Ingwermöhren vermische, höre ich: Das Hühnerexperiment ist Teil der Initiative „Hänsel und Gretel“ (Hahn und Huhn), die Rengoldshausen gemeinsam mit dem Tannhof ins Leben gerufen hat. Mit der ersten privaten Zucht eines Doppelnutzungshuhns in Deutschland geben sie mehr als nur eine Antwort auf den Umgang mit männlichen Küken, die bei den Legehybriden als unnütz aussortiert und gleich nach dem Schlüpfen geschreddert werden. Mit dem Aufbau einer artgerechten Zucht in kleineren Herden demonstrieren die Biobauern zum einen die Daseinsberechtigung kleinerer Gemischtbetriebe und ihre Unabhängigkeit von der marktbeherrschenden Geflügelwirtschaft. Später zeigen mir stolze Bressehähne und Hühner, die auf großzügigen Freiflächen mit mobilen Ställen herumspazieren: die Züchter-Gemeinschaft ist auch mit diesem Modell auf einem guten Weg.

Ein Haus für Huhn und Hahn, Hänsel & Gretel, das Bruderhuhn-Projekt der Rengos
Ein Haus für Huhn und Hahn, Hänsel & Gretel, das Bruderhuhn-Projekt der Rengos

Pächtergemeinschaft und Betrieb – ein ganzheitliches Uhrwerk

Überall wird geschäftig gewuselt. Alle paar Minuten klingelt das Telefon von Markus Knösel. Neben Geert Neyrinck und Walter Sorms ist er einer der siebenköpfigen Leitung der Betriebsgemeinschaft und anscheinend Ansprechpartner für alles.

Zugewandt und fröhlich führt er jedes einzelne Gespräch. „Hahn und Huhn“ erfordert gerade viel Aufmerksamkeit, die Möhren haben unter der trocknen Hitze der letzten Wochen gelitten, den Hof ziert eine große Baustelle und Slow Food Deutschland ist im Anflug, um hier sein neues Veranstaltungsformat „Wurzeltour“ zu starten. Nach dem Essen wird, ebenso wie nach dem Frühstück, zudem die reguläre Arbeitsbesprechung stattfinden. Ein ganz normaler Tag auf dem Hofgut.

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Auch in der Gärtnerei und in den Hallen der Grünen Kiste, die von Tuttlingen bis nach Konstanz über 1.200 Kunden mit ihrem Lieferdienst versorgen, ist immer viel zu tun. Aus jeder Ecke spricht ein Unternehmergeist, der einem ganz-heitlichen Verständnis von sinnstiftender Koexistenz mit der Natur entspringt.

Milchviehhaltung à la Rengoldshausen

Mechthild Knösel ist verantwortlich für das Wohlergehen der robusten Schweizer Original Braunvieh-Herde und für die Qualität der Vorzugsmilch. Zweimal am Tag wird diese streng kontrollierte Rohmilch direkt neben dem Stall abgefüllt. Sie darf nur von zugelassenen Betrieben gewonnen werden und ist somit die einzige Form, in der naturbelassene Milch heutzutage noch in den Handel gelangen darf. Heute werden wir Zeuge einer seltenen Zwillingsgeburt. Gemeinsam mit einer Mutter und ihrer achtjährigen Tochter, die sich, wie viele Anwohner aus der Umgebung hier regelmäßig echte frische Milch holen, bestaunen wir das Naturspektakel. Bewundern die Ruhe und Würde, mit der die Kuh die Geburt in dem luftigen, hellen Stall ohne menschliches Eingreifen bewältigt.

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Der geräumige Außenklimastall wurde um die Tiere herum gebaut, nicht umgekehrt. Die Herde genießt viele Freiheiten. Mit durchschnittlich 5.500l pro Kuh und Jahr liegt die Milchleistung deutlich niedriger als bei reinen Milchkuhrassen. Dafür ist das Lebensalter mit durchschnittlich acht bis neun Jahren deutlich höher. Gedeckt werden die Kühe von einem Bullen, auch die Bullenkälber bleiben zwei Jahre auf dem Hof und werden dort gemästet. Gefressen wird Gras, im Winter Heu, ohne Zufütterung von Silage oder Kraftfutter. Von April bis November geht es täglich auf die Weide. In den heißen Sommerwochen wird der Weidegang auf die Nachtzeit verlegt, denn Kühe vertragen Hitze nicht gut. Überhaupt mögen die sensiblen Herdentiere keinen Stress.

Mechthild Knösel arbeitet nach den Prämissen der Low-Stress-Stockmanship (LSS). Das bedeutet, sicher und effizient mit den Rindern zu arbeiten, nicht gegen sie. Die aufrichtige Begeisterung der Demeter-Bäuerin, wird in jeder Geste, jedem Wort spürbar. Dass die Hörner dranbleiben, ist für sie eine Selbstverständlichkeit.

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„Für mich ist muttergebundene Aufzucht wesentlich für eine artgerechte Tierhaltung.“ (Mechthild Knösel)

Die müttergebundene Kälberaufzucht ist seit über zehn Jahren ein zentraler Aspekt von Mechthild Knösels erfolgreichem Herdenmanagement. Von dieser Art der Beziehungsgestaltung profitieren laut ihren Beobachtungen beide Seiten. Die Kälbchen sind aktiver, denn der enge Kontakt fördert die Bindung und die individuelle Entwicklung der Kleinen, ihr Lerntempo, ihre soziale Kompetenz. Auch der Gesundheit tut dieses Konzept gut, denn die Kälber können jederzeit nach Bedarf trinken, auch kurz nach der Geburt schon mal einen Grashalm naschen oder an einer Möhre knabbern.

Bereits in ihrer Meisterarbeit hatte sie drei Gruppen untersucht, eine ammen- und eine muttergebundene sowie eine mit dem Eimer aufgezogene Gruppe. Ihr persönliches Fazit: Wachstum und Gesundheit der muttergebunden aufgezogenen sind nicht zu toppen. In den ersten drei Wochen sind Mutter und Kind rund um die Uhr zusammen, danach stößt die Kuh wieder ein paar Stunden am Tag zum Rest der Herde. In den folgenden drei Monaten wird das Kalb dann zweimal täglich für jeweils eine Stunde zur Mutter gelassen.

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Nach dem Trinken bleibt Kuh und Kalb immer noch genügend Zeit zum Schmusen und Schlecken. Anschließend gehen die Mütter zum Melkstand. Der Rest der so gewonnenen Milch wird als Trinkmilch direktvermarktet. Damit diese Praxis bei allen nachweislichen Erfolgen ihren Ausnahmestatus verliert, müsste sie sich auch wissenschaftlich gestützt etablieren. Das Interesse und die Nachfrage sind laut Aussage von Mechthild Knösel groß. Ihr Erfahrung nach sei es weniger Aufwand, diesen Part in die Tierbeobachtung zu integrieren als für alle Kälber regelmäßig Eimer aufzuhängen.

Das bestätigen ihr auch viele Kollegen, die ihre Aufzuchtmethode nach Exkursionen und Seminaren selbst umgestellt haben. Der Effekt, den die passionierten Landwirte, ihre gesunden Tiere und die saisonale Pflanzenvielfalt auf jeden Besucher ausüben, ist ebenso nachhaltig wie ihr Wirken für Mensch und Natur in ihrer Region.

Dieser Beitrag erschien in abgewandelter Form erstmals im Slow Food Magazin 1-2016 in der Rubrik „Ortstermin“.

Weiterführende Infos

Hier gehts zur Website der „Rengos“ auf dem Hofgut Rengoldshausen.

Der aktuelle Betriebsspiegel des Hofgutes in drei PDFs (je 1 Seite), unterteilt nach Landwirtschaft, Gärtnerei und Samenbau:

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Und So funktioniert eine Slow Food Wurzeltour.

Milcherleben auf der Stadt.Land.Food 2016

Auf der Suche nach der echten Milch

Nach der großen Resonanz in 2014 freut sich der Verband der Direktvermarkter und Vorzugsmilcherzeuger auch auf der diesjährigen Stadt.Land.Food für die Besucher ein intensives Milch-Erleben zu gestalten.
Am Stand des Direktvermarkter-Verbandes haben Interessierte die Möglichkeit, verschiedene Milchen zu verkosten. Beim unmittelbaren Vergleich von naturbelassener Vorzugsmilch mit pasteurisierter, homogenisierter, mikrofiltrierter, hocherhitzter und laktosefreier Milch lassen sich Unterschiede zwischen roher und stark verarbeiteter Milch einmal ganz bewusst herausschmecken. Nebenher erfahren die Besucher viel Wissenswertes über das ebenso faszinierende wie missverstandene Urlebensmittel Milch, Zusammenhänge zwischen Verarbeitungsgrad und (Un)Bekömmlichkeiten, den Zusammenhang zwischen Haltung und Futter mit Eiweiß- und Fettqualitäten, warum Rohmilchautomaten für Bauern eine Option sein, echte Vorzugsmilchbetriebe jedoch nicht ersetzen können und noch vieles mehr.

Standort: Käsewerkstatt, 1.-3.10.2016 10-18h (am 3.10. von 10-17h)
Ansprechpartner: Kirsten Kohlhaw, presse@milch-und-mehr.de
Moderierte Verkostungen: Samstag, den 1.10. + Sonntag, den 2.10., jeweils um 12-12:30h, 14-14:30h und 16-16:30h
Vorzugsmilchpartner: Milchhof Reitbrook bei Hamburg

Bemerkung zum Stichwort Regionalität

Als Frischeprodukt ist Vorzugsmilch ein Lebensmittel, das stabile regionale Strukturen und kurze Wege braucht. Vorzugsmilchbauern setzen in ihrer Arbeit neben höchsten Ansprüchen an Verarbeitungshygiene und Herdengesundheit auf Regionalität.

Wieso also Milch aus dem Südosten Hamburgs?
In Berlin und Bandenburg gibt es aktuell keinen Milchbetrieb mit einer Zulassung für die Gewinnung und Abgabe von Vorzugsmilch (und nur diese besonders intensiv kontrollierte, zertifizierte naturbelassene Milch darf roh abgefüllt werden und über die Hofmolkerei des Betriebes direkt in den Handel gelangen, das erfordert von allen Beteiligten sehr hohen Einsatz und verursacht Mehrkosten).
Die Abgabe von „normaler“ Rohmilch (z.B. erhältlich an sogenannten Milchtankstellen) ist laut Lebensmittelhygieneverordnung nur „ab Hof“ und mit dem Zusatz „bitte vor Verzehr abkochen“ erlaubt. Weitere Informationen zu den Besonderheiten rund um die Premium-Rohmilch unter Vorzugsmilch.

Das Landgut Nemt bei Leipzig

Östlich von Leipzig, in Wurzen, haben zwei Brüder aus Sachsen einen LPG-Betrieb übernommen und neu ausgerichtet. Mit Lieferdienst- und Hofcafé, mit Bio-Obst und Bio-Gemüse. Und mit frischer Landmilch. Die bewegte Geschichte des Frische-Bringdienst-Allrounders erzählt einer der beiden Inhaber, Karsten Döbelt.

Seit wann gibt es das Landgut Nemt?
Mein Bruder René hat 1991 einen ehemaligen LPG-Betrieb als Bio-Betrieb privatisiert. Die alten vorhandenen Gebäude hat er zunächst übernommen. Anfangs hat René den Hof gemeinsam mit einem Studienfreund als GbR geführt. Als der Partner 1994 ausgeschieden ist, hat René erst einmal als Einzelperson weiter gemacht. In jenem Jahr haben wir auf der „grünen Wiese“ einen neuen Boxenlaufstall gebaut und eine neue Melkanlage samt Melkkarussel mit 32 Plätzen installiert.

Wie viele Kühe waren es denn zu Beginn?
Der Boxenlaufstall wurde damals für 480 Kühe gebaut. Heute haben wir, auch durch Anbauten insgesamt 580 zu melkende Tiere im Stall stehen, mit Färsen und Kälbern kommen wir fast auf 1.000 Tiere am Standort).

Damit seid ihr, wenn ich richtig informiert bin, der größte Betrieb unter den BMV-Mitgliedern. Wie kommt es, dass ihr gleich biozertifiziert wart?

Die Trinkwasserqualität war zu DDR-Zeiten (und kurz nach der Wende) so schlecht, dass man das Trinkwasser nicht als Babynahrung verwenden konnte. Ein großer Landverpächter, die Wurzener Wasserwerke, haben uns ermutigt, vorbeugenden Trinkwasserschutz zu leisten. Und das ging nur über den ökologischen Landbau.

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Wann bist Du mit eingestiegen?
Ich komme ja ursprünglich aus der Lebensmittelindustrie, habe Bäcker gelernt und einige Jahre als Geselle gearbeitet. Direkt nach der Wiedervereinigung 1990 habe ich dann Lebensmittelingenieurtechnik studiert. Nach meinem Studium war ich eine Zeit sogar Betriebsleiter in einem kleinen Hotel. Das war nett, aber jetzt auch nicht die Erfüllung. Dann kam René – inspiriert durch einen Artikel über Direktvermarktung – auf die Idee, etwas zusammen zu machen und den Hof neu aufzustellen.

Als 100%iger Biobetrieb haben wir damals Bio-Milch produziert. Leider mussten wir dieses hochwertige Produkt zum konventionellen Preis abgeben denn es gab von den Molkereien noch keine Bio-Zuschläge…

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Über die Direktvermarktung wollten wir eine höhere Wertschöpfung erreichen. Also haben wir damals eine Tour durch Deutschland gemacht und uns viele Betriebe angeschaut, die bereits in der Direktvermarktung erfolgreich waren. Schon auf dem Rückweg haben wir uns entschieden: Wir machen das! Allerdings wollten wir vorsichtig einsteigen. Das war 1997.

Zum Glück gab es in der Nachbarschaft eine mittelständische Käserei, die bis dato regelmäßig unsere Bio-Milch geholt und selbst verkäst hatte. Da sie – im Gegensatz zu uns – bereits einen Pasteur hatte, haben wir sie mit ins Boot geholt und unsere pasteurisierte Landmilch im ersten halben Jahr „nur“ selbst abgefüllt und ausgefahren.

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Und konntet so mit überschaubarem Risiko und wenig Investitionskosten erst einmal schauen, wie die Resonanz ist…?
Genau! Doch schon ein halbes Jahr später hatten wir die Bestätigung. Die Mengen stiegen stetig, die Nachfrage war also da. Wir haben dann einen eigenen Pasteur angeschafft und unsere erste eigene Past.-Milch im Sommer 1998 ausgeliefert.


Und worum kümmerst Du Dich auf dem Landgut genau, Karsten?

Da muss ich ein wenig ausholen… Wir sind als Landgut Nemt ein Familienbetrieb mit einer klaren Aufteilung innerhalb eines besonderen Konstrukts:
Mein Bruder macht die Landwirtschaft, ich die Direktvermarktung mit Hofmolkerei , Hofbäckerei, Lieferservice und Hofladen. Da das Landgut ein gewerblicher Betrieb ist, kaufe ich die Milch von meinem Bruder. René und ich sind beide Gesellschafter, doch ich bin alleiniger Geschäftsführer der Landgut Nemt GmbH. In meinem Bereich inclusive der Verwaltung, sind es insgesamt 25 Mitarbeiter, davon auch einige Teilzeitkräfte und Aushilfen.

Mein Bruder hat für jeden Bereich einen Spezialisten als Bereichsleiter eingestellt und übernimmt die Gesamtkoordination. Der Herdenmanager kümmert sich von früh bis abends um die Tiere, macht die Dienstpläne zum Melken und Füttern, spricht mit dem Tierarzt, dem Futterfahrer. Der Ackerbau ist vergleichbar aufgebaut. Auch hier bewirtschaftet ein Bereichsleiter federführend.

Diese Betriebsteilung haben wir im Jahr 2000 vorgenommen. Und im Zuge dessen
nicht nur den Bereich der Direktvermarktung ausgelagert, sondern auch die Bio-Milch auf konventionelle Milch rückumgestellt. Der Ackerbau ist nach wie vor ein BIO-Betrieb.

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Wieso das? Mittlerweile ist Bio doch viel populärer?!
Bis zu jenem Jahr der Umstellung war die Milch immer verlustig. Als Bio-Betrieb hatten wir ohnehin weniger Ertrag pro Hektar und dann mussten wir die hochwertige Milch auch noch zum schlechten Preis verkauft, weil das damals schlicht noch niemanden interessiert hat.

Das mit der Bio-Milch ging erst vor 10 Jahren so richtig los, im Nachgang einiger Lebensmittelskandale, erst daraufhin haben breite Bevölkerungsschichten begonnen, über dieses Thema nachzudenken. Später entstanden neben einer neuen Nische im LEH auch in den Molkereien entsprechende Anreizsysteme wie Biozuschläge.

Unsere Kühe kriegen nach wie vor auch Bio-Futter, aber eben nicht zu 100%. Da der Ackerbau nach wie vor bio-zertifiziert ist, müssen wir alles überwiegend über die Fruchtfolge regeln. Allerdings würde das Bio Futter nicht ausreichen, da die Herde zu groß ist. Den Großteil Futter kaufen wir regional in konventioneller Qualität ein, sind allerdings als erster Betrieb Sachsens „genmittel-frei“ zertifiziert worden. In 2006 sind wir mit dem Bereich der Direktvermarktung umgezogen, 3km vom Stall weg, und haben dort eine EU-zugelassene (zertifizierte) Molkerei eröffnet.

Mein Bruder melkt heute ca. 7 Millionen Liter Milch pro Jahr. Rund 700.000 Liter pro Jahr vermarkten wir über die Hofmolkerei. Das ist schon nicht wenig, aber im Endeffekt sind es nur 10% der eigenen Milch. Und die restlichen 90% gehen zu den momentan einmal wieder ruinös niedrigen Preisen an die Großmolkerei.

Also müssen auch wir die Milch über Ackerbau und Gemüseanbau querfinanzieren. Dass wir mit der Frosta AG Bremerhaven einen starken Partner für unser Gemüse haben, hilft uns sehr. In ihrem Werk in der Nähe von Meißen wird unter anderem auch aus unseren hochwertigen Rohstoffen Tiefkühl-Gemüse für die Bio-Lebensmitteleinzelhandel hergestellt. Die kurzen Wege sind hier natürlich auch von Vorteil.

Wann habt ihr denn angefangen, die Direktvermarktung von Milch und Milchprodukten breiter aufzustellen?
Bis 2006 waren wir baulich so aufgestellt, dass wir die Milch in einem Raum abgefüllt und pasteurisiert haben. Wir hatten damals nur Trinkmilch in der Direktvermarktung, kein Joghurt, kein Quark, keine weiteren Produkte. Der bauliche und hygienische Standard der neuen Molkerei ist tatsächlich ähnlich wie bei Großmolkereien, nur in einem deutlich kleineren Maßstab.

Durch den Austausch mit den Kollegen im Bundesverband haben wir begonnen, weitere Milchprodukte zu produzieren. Joghurt und Quark zu installieren hat für uns gut funktioniert. Zwei Standardprodukte ermöglichen hier – in saisonalen und geschmacklichen Varianten – gleich eine breite Platte.

Seit wann macht ihr die Hoffeste – Wie oft und wie viele Leute kommen da immer?
Im Juni 1998 war unser erstes Hoffest, als wir den Pasteur installiert hatten. Seither haben wir jedes Jahr eines veranstaltet. Anfangs kamen so 800-1.500 Besucher. Seit ca. 7 Jahren haben wir eine Mitarbeiterin, die sich neben Ihrer Aufgabe im Hofladen hauptverantwortlich um die Organisation unseres Hoffestes kümmert. Weiterhin haben wir das Hoffest von Samstag auf den Familientag Sonntag gelegt. Seither sind die Besucherzahlen auf über 6.000-7.000 Gäste angestiegen. In 2017 feiern wir dann schon unser 20-jähriges Hoffest-Jubiläum.

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Das klingt noch einmal nach viel Extra-Arbeit!
In der Tat, das ist viel Arbeit, aber es ist auch unsere Marketingmaßnahme Nr. 1. Da haben wir die beste Möglichkeit, den Gästen alles zu erzählen, was sie wissen wollen, ihnen alles zu zeigen und sie alles probieren zu lassen. Das kann keine Radiowerbung.

Den Rest des Jahres besucht ihr ja regelmäßig eure Kunden. Wie viele Haushalte beliefert ihr derzeit?
Ich glaube wir hatten mal an die 2.000 Privatkunden, aktuell sind es insgesamt 500. Mit denen wir aber genauso viel Umsatz erwirtschaften wie vorher.

Wie ist euch das denn gelungen?
Wie viele Betriebe müssen auch wir immer wieder versuchen Kosten zu reduzieren. Möglichst an vernünftiger Stelle. Vor wenigen Jahren haben wir versuchsweise eine Lieferpauschale in Abhängigkeit des Umsatzes eingeführt. Bis 10 Euro Umsatz 4 Euro Lieferpauschale, von 10-25 Euro nehmen wir 2 Euro Lieferpauschale, ab 25 Euro Einkauf liefern wir frei Haus.

Das hat uns damals viele Kunden gekostet, interessanterweise aber zum größten Teil welche, die durch ihre Kleinst-Bestellungen von 2x2l Milch pro Woche Service-Kosten produziert haben, die wir nie wieder an anderer Stelle reinholen konnten.

Weil wir ein Gewerbebetrieb sind, lässt sich das bei uns gut rechnen. Unser Haupteinzugsgebiet ist Leipzig, viele Mietshäuser, viele Treppen. Da ist die Logistik der teuerste Part. Wir freuen uns, dass Regionalität für viele Verbraucher in ihren Kaufentscheidungen eine immer größere Rolle spielt und sich so viele Kunden so regelmäßig und gerne durch uns beliefern lassen.

Wir haben ja wieder viel über Milchviehherden und Milch gesprochen, Karsten. Was gibt es von Deiner Seite aus noch zu ergänzen? Was wünschst Du Dir und euch für die Zukunft?

Ach, da gäbe es schon einiges. Ein fun fact: Wir sind Europas größter Anbauer für Bio-Zwiebeln mit über 40 HA pro Jahr und halten 10% Marktanteil bei Biozwiebeln in Deutschland. Vermarktet werden diese über das Deutsche Zwiebelkontor in Calbe bei Magdeburg.

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Ich möchte perspektivisch ein sicherer Arbeitgeber sein für meine Mitarbeiter, möchte sie ansprechend entlohnen können und auch gut für unseren Betrieb wirtschaften.

Mit dem ganzheitlichen Blick auf die Landwirtschaft würde ich mir wünschen, dass die Akzeptanz der Verbraucher für die handwerklich hergestellte, regionale Milch weiter steigt und sie unsere Mühen honorieren und die Wertschätzung sich auch in einem vernünftigen Preis ausdrückt.

Karsten, ich danke Dir! Euch, euren MitarbeiterInnen und den Tieren weiterhin alles Gute. Und viel Erfolg, wir sehen uns auf eurem 20. Hoffest in 2017.

Das Gespräch wurde aufgezeichnet von Kirsten Kohlhaw, commotivation

Hofporträt: Milchhof Reitbrook

Im Gespräch mit Jan-Hendrik Langeloh, geschäftsführender Gesellschafter der Milchhof Reitbrook GbR

Jan-Hendrik, ihr habt in diesem Jahr wieder euer traditionelles Hoffest veranstaltet…
Ja, insgesamt konnten wir wieder ca.2.000 Besucher in der Zeit von 12 bis 17 Uhr begrüßen, obwohl wir schon besseres Wetter hatten. Wir haben inzwischen viel Erfahrung, dennoch muss man bei so einem Andrang aufpassen, dass die Leute nicht zu lange warten. Wir haben die Attraktionen entsprechend über den ganzen Hof verteilt. Hier gibt’s was zu gucken, da gibt’s was zu essen. Bereits zum dritten Mal geben wir unserem Hoffest einen Marktcharakter, mit Wurst- und Blumenständen, einem Stand, an dem man Wolle spinnen kann und einer Fischbude mit geräuchertem Fisch. Natürlich gibt es auch die Möglichkeit unsere Vorzugsmilch und anderen Milchprodukte zu probieren und die Kühe und Kälber besuchen. In diesem Jahr war erstmals noch einer von „unseren“ Kaffeeröstern (die vom Milchhof mit frischer Trinkmilch beliefert werden, Anm. d. Red.) mit seinem mobilen Kaffeestand da. Weil Trecker fahren so unglaublich beliebt ist, haben wir einen zusätzlichen Trecker besorgt.

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Bei euch hat gerade der Generationenwechsel stattgefunden, seid ihr immer noch in einer Betriebsgemeinschaft mit dem Nachbarbetrieb Rainer Kohrs?
Genau, an der Sache hat sich nichts geändert, ich habe den Hof und die Geschäftsanteile von meinen Eltern (Gerd und Ingrid Langeloh, Anm. d. Red.) übernommen und bin damit neuer Gesellschafter der Milchhof Reitbrook GbR.
Die Milcherzeugung und Vermarktung findet auf unserem Hof statt. Alle hierfür notwendigen Gebäude, wie Milchviehstall, Jungviehstall und Molkerei, stehen auf unserer Hofstelle. Von der Hofstelle von Rainer Kohrs aus wird die Außenwirtschaft betrieben zudem gibt es auf dem Hof noch einen Pensionspferdestall.

Wer steht denn jetzt vor und hinter „Milchhof Reitbrook“?
So etwas ist immer nur im Team zu machen. Ich stehe dem als geschäftsführender Gesellschafter vor. Mein Bruder Sönke kümmert sich mit viel Eigenverantwortung um die Molkerei und die Logistik. Dann gibt es seit Anfang des Jahres einen Herdenmanager, der die Kühe betreut, die Schwester von unserem Kooperationspartner leitet das Büro. In der Molkerei beschäftigen wir zusätzlich seit Mitte des Jahres einen ausgebildeten Molkereifachmann und natürlich geht nichts ohne die Mitarbeiter die abfüllen, kommissionieren, ausfahren und saubermachen. Insgesamt sind es inzwischen 27 Leute.

Reitbrook, Vorderdeich 275: Milchhof Reitbrook - Hof Langeloh - Kühe und Kuhstall - Schulbuch-Fotos mit Lisa Körner (4) - Einverständnis der Mutter für Veröffentlichung liegt voll.
Milchhof Reitbrook, Hof Langeloh, Vorderdeich 275 (c) Ingrid Langeloh

Das ist ja ein richtiges Unternehmen. Wie sehr fühlt ihr euch der ursprünglichen landwirtschaftlichen Wirtschaftsweise verbunden?
Wir sind Landwirte und Menschen, die hinter und für ihre Produkte stehen. Das können wir nur erfüllen wenn, wir täglich mit der Produktion vertraut sind und so unserem Anspruch höchste Qualität zu liefern gerecht werden. Dennoch ist bei uns nicht alles glattgebügelt oder gar auf standardisierte Perfektion ausgerichtet.

 

Stadt oder Land? Ihr seid ja schon fast Großstadtbauern…!
Natürlich, das ist schon eine besondere Situation, die wir hier im Südosten Hamburgs haben. 10 Minuten zuvor war man noch in der Hamburger Innenstadt, dann fährt man von der Autobahn ab, und steht keine 3 Minuten später bei uns mitten im Grün.

Diese Verbindung ist letztlich auch das Spannende für uns und unsere Kunden.
Ob das auf dem Hoffest ist oder wenn Leute einfach so bei uns vorbeikommen. Die können das nicht fassen, wie schnell sie bei uns sind. Wir sind ja eine normal strukturierter landwirtschaftlicher Betrieb mit eigenen Flächen am Hof. Auf der anderen Seite spüren wir den Druck, der durch die wachsende Großstadt entsteht. Wohnungsknappheit, Hafen- und Straßenbau machen es immer schwieriger, neue Flächen zu bekommen.

Denn für jede Baumaßnahme muss ein ökologischer Ausgleich geschaffen werden. Flächen werden stillgelegt, in dem z.B. der Wasserstand angehoben wird. Diese Flächen stehen uns als intensiv wirtschaftendem Betrieb nicht mehr zur Verfügung. Wenn das in dem derzeitigen Tempo weiter geht mit dem Flächenverbrauch, sind wir in Hamburg in 26 Jahren durch. Dann gibt es keine Fläche mehr, die nicht entweder bebaut ist oder mit Ausgleichsmaßnahmen belegt ist.

Ihr sehr auch im Netz aktiv, auf Facebook (link) und sogar auf Instagram (link). Wer lässt euch so gut aussehen?
Einer unserer Fahrer, der Freddy, unser „Milkman“, das ist derjenige, der das hier betreibt. Gerade Facebook lebt von Aktualität und er hat Lust, die notwendige Erfahrung und Zeit sich darum zu kümmern

Reitbrook, Vorderdeich 275: Milchhof Reitbrook - Hof Langeloh - Kühe und Kuhstall - Schulbuch-Fotos mit Lisa Körner (4) - Einverständnis der Mutter für Veröffentlichung liegt voll.
Reitbrook, Vorderdeich 275:
Milchhof Reitbrook – Hof Langeloh (c) Ingrid Langeloh.

Ihr fahrt ja eine Doppelstrategie. Macht Direktvermarktung UND beliefert eine Molkerei – magst Du uns mal kurz erläutern, wie das läuft?
Vor fünf Jahren, als ich auf den Hof zurückkam, hatten wir insgesamt 120 Kühe in der Herde, angefangen hatte es 1998 alles mit 60 gemeinsamen Tieren, heute sind es 170 Kühe.
Wir produzieren Vorzugsmilch und pasteurisierte Landmilch sowie Joghurt. Seit letztem Jahr lassen wir von Elena Martens auch Käse aus unserer Milch herstellen. Von Beginn an haben wir ungefähr 50% unserer Milch direkt Vermarktet und die andere Hälfte geht an die DMK. Bei uns ist gibt es keine spezielle Vorzugsmilchherde, sondern es werden einfach die ersten drei Durchgänge (Doppelneuner 18 – 36 – 54) an unseren Milchproduktionstagen Montag und Donnerstag als Vorzugsmilch gemolken, der Rest geht in die Pasteurisierung (Van Riedt, 1000l Durchlaufpasteur).

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Jan-Hendrik Langeloh überwacht seine Herde mit modernsten Mitteln.

Unsere Tiere sind super drauf, letztendlich hängt das auch mit einer guten Arbeitsorganisation zusammen. Bislang kenne ich alle Damen persönlich mit Namen. Das sind auch Mitarbeiterin, ein wichtiger Teil des gesamten Systems, die eine entsprechende Aufmerksamkeit verdienen. Und ich bin ein großer Freund von technischen Hilfsmitteln im Milchviehbereich, da ist die Brust- und Wiederkauüberwachung mittels Transponder und App nur ein Beispiel. Wenn man diese Hilfsmittel gut einsetzt, kann einem das viel Ärger ersparen. Erst neulich lagen wieder zwei Kälbchen verdreht, ohne die Alarmmeldung hätte ich diese mit Sicherheit verloren. Natürlich sind wir Tierhalter und müssen auch nach ökonomischen Kriterien entscheiden. Dennoch hat jede Kuh einen Anspruch darauf, vernünftig behandelt zu werden. Ich finde es wichtig, dass alle unsere Mitarbeiter diese Haltung haben.

In Hamburg seid ihr ja, gerade in der Barista- und Café-Szene, eine echte Nummer. Über welchen Partner freut ihr euch noch?
Wir lieben alle unsere Partner und Kunden. Und sind stolz, auf zahlreiche langjährige Geschäftsbeziehungen zurückblicken zu können. Besonders toll sind hier auch vergleichsweise junge Initiativen, wie zum Beispiel „Die Frischepost“, da sind wir einer der Partner, das passt perfekt. Die haben den Anspruch, Produkte aus der Region direkt an die Leute in die Hamburger Innenstadt zu liefern. Das funktioniert super.

Danke, Jan-Hendrik, und weiterhin viel Erfolg.

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Service

Die Fragen stellte Kirsten Kohlhaw, commotivation, für den BMV.

Für alle Faktenfreunde: Hier geht es zum Reitbrook_Betriebsspiegel 2016 des Milchof Reitbrook.


Beim nächsten Mal sprechen wir hier noch etwas intensiver über Kaffee und Milch, da kommt’s nämlich auf die Feinheiten an! Stay tuned.